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350 Jahre hl. Pankratius

Die Stadt Wil feiert dieses Jahr ihren dritten Stadtheiligen, den hl. Pankratius. Seit 350 Jahren wird er in Wil verehrt. Zu diesem Jubiläum möchten wir ihn von verschiedenen Seiten her beleuchten und feiern. Wie genau die Reliquien von ihm nach Wil gekommen sind, ist im Text von Werner Warth unten stehend zu lesen.

Vom Freitag 2. bis am Sonntag 18. September wird es im Pfarreizentrum Wil im Foyer vom ersten Stock eine Ausstellung dazu geben. Am Sonntag, 4. September um 11 Uhr feiern wir unseren Heiligen in der Kirche St. Nikolaus mit der Pankratius-Messe. Auch der Familiensamstag am 17. September wird sich rund um unseren Heiligen drehen.

Alle diese Jubiläumsveranstaltungen finden bewusst im Herbst statt, damit es zu keiner Verwechslung mit dem Eisheiligen Pankratius kommt, der am 12. Mai gefeiert wird. Der prominente Name des Eisheiligen war vor gut 350 Jahren wohl auch ausschlaggebend, dass sich die Wiler für einen Pankratius als dritten Stadtheiligen entschieden hatten.

Der damalige Aufwand und die Bemühungen zeigen gut, wie wichtig Heilige für die Menschen in jener Zeit waren. Da durfte es auch nicht einfach irgendein Heiliger sein, nein, es musste schon der passende und ein möglichst berühmter sein. Es entstand dadurch ein Heiligenkult. Und die Gebeine und Überresten der Heiligen wurden auf der ganzen Welt verteilt und überall wurde grosser Aufwand betrieben, diese Heiligen angemessen zu verehren.

Im Kern haben die Lebensgeschichten und Taten der Heiligen sicherlich etwas Wahres und enthalten eine Botschaft, die für uns Menschen heute noch wichtig sein kann. Dennoch sind sie auch mit Vorsicht zu geniessen, da sie Ausschmückungen enthalten, die weitergeschrieben wurden.

An dieser Stelle ein kurzer Exkurs zur Heiligenverehrung in der röm.-kath. Kirche:

Auf Grund ihrer Glaubenszeugnisse haben manche ChristInnen eine besondere Bedeutung für die Kirche. Zu diesen Heiligen gehörten schon früh Märtyrer und die Apostel, Bischöfe und Theologen der alten Kirche, berühmte Ordensleute und natürlich Maria, die Mutter Jesu.

Sie alle verbindet eines: in ihrem Leben sind sie Christus konsequent nachgefolgt, oft sogar bin in den Tod, und sie haben Gottes Handeln erfahren. Eine Verehrung von Heiligen entwickelte sich aus dem frühchristlichen Brauch des jährlichen Totengedenken am Grab. Daraus sind dann auch die Gedenktage der Heiligen entstanden. Bis heute erinnern sie uns daran, dass die christliche Gemeinschaft Räume und Zeiten übergreift. Wir glauben, dass sie den Weg vorausgegangen sind und nun ganz bei Gott sind. Deshalb können wir sie als FürsprecherInnen anrufen. Christus bleibt dabei den Heiligen immer übergeordnet. Eine Heiligenverehrung darf in keiner Weise Christus oder Gott übersteigen.

Bekannte Heilige gibt es viele. Da sind aber auch die vielen unbekannten Heiligen, Menschen, die dem Ruf gefolgt sind, für ihren Glauben und die Botschaft von Jesus einzustehen. Da müssen es nicht immer die grossartigen Taten und Worte sein, die sich auf der ganzen Welt verbreiten. Heilige oder in heutiger Sprache ‘Helden’ finden wir alle auch in unserem Alltag: Menschen, die Notleidende und Flüchtende bei sich zu Hause aufnehmen, sich in Krisengebieten für Frieden einsetzen, Menschen, die trösten und für andere da sind. Unsere Welt braucht Menschen, die nach der Botschaft Jesu leben und handeln, in all ihren Taten und Worten.

Wir alle sind eingeladen, eine Heilige/ein Heiliger des Alltags zu sein. Es ist ganz einfach….

Das Jubiläum möchten wir mit folgenden Anlässen feiern:

Ausstellung "350 Jahre Stadtheiliger Pankratius" im Pfarreizentrum Wil
Eröffnung am Freitag, 2. September um 19 Uhr mit Werner Warth, Stadtarchivar, mit anschliessendem Apéro.
Dauer der Ausstellung bis Sonntag, 18. September.
Festgottesdienst am Sonntag, 4. September um 11 Uhr in der Kirche St. Nikolaus 
zu Ehren unseres Stadtheiligen mit Chor zu St. Nikolaus.
Sie singen die Pankratiusmesse von Johann Baptist Hilber.
Familientag am Samstag, 17. September von 9 - 16 Uhr im Pfarreizentrum Wil 
mit dem Thema "Wötsch au en Held wie de Pankratius werde?"
Informationen dazu finden Sie hier.

Pankratius und Wil

(Text von Werner Warth, Stadtarchivar)

Wie kamen der Schultheiss, der Rat und die Bevölkerung Wils im 17. Jahrhundert auf die Idee, neben den altbekannten Stadtpatronen Sankt Nikolaus und Agatha einen dritten Heiligen verehren zu wollen? Genau lässt sich dies aus den Quellen nicht ermitteln. Dazu Stadtschreiber Johann Ludwig Müller in seinem Büchlein “Gut Ding muss Wyl haben” aus dem Jahr 1678, der festhält: ” … dass in Antragung Heiliger Reliquien zu unterschidlich malen und Zeiten solche recusiert und anzunehmen abgeschlagen wurden, nit darumben, dass man solche verworfen, sondern in Hoffnung gelebt, es werde der liebe Gott durch wunderliche Disposition die Statt Wyl und desse Pfarr mit einem Heiligen und Schutz-Herrn dergestalt versehen, dass sie an Leib und Seel wol köndten getröst seyn. …”. Also waren anscheinend schon frühere Versuche des Erwerbs von Gebeinen von Heiligen, ja sogar Schenkungen abgelehnt worden. Erst um 1671 scheint die Zeit für einen neuen Stadtheiligen reif gewesen zu sein. Fürstabt Gallus Alt hatte damals die erforderlichen Beziehungen in Rom, um Reliquien zu erhalten. Wie aus der päpstlichen Beglaubigungsbulle vom 13. April 1671 hervorgeht, wurden die Gebeine des Pancratius im Auftrag Papst Clemens X. aus der Katakombe der Heiligen Cyriaca entnommen.

Die Vorbereitungen für die Überführung oder Translation der Gebeine nach Wil wurden 1672 aufgenommen. Am Morgen des denkwürdigen 25. April 1672 um vier Uhr läuteten die Glocken Wils das Ave Maria. Auf der Mattwiese wurde mit “Stucken und Doppelhacken” der Beginn des grossen Festes “eingeschossen”.

Die ergreifende Schönheit und Andacht der Wiler Prozession beschreibt der Chronist wie folgt: “Ware alles triumphierlich und herrlich anzusehen wegen schönen, bey so hell-glantzenden Sonnen Tag, vilfärbigen so wol getragnen Kirchen- als aufgesteckten Kriegs-Fahnen und anderen eingeführten Kirchen-Paramenten/-Gallantereyen, also zwar dass mennigklichen das Hertz im Leib vor Freud, Trost und Frolockung aufgebidmet und zu mehrerer Andacht viler, nit ohne Vergiessung der  Zäher bewegt worden”. Die ganze Prozession zählte insgesamt 4562 Personen, die sich jetzt nach Wil auf den Hofplatz begaben.

Das folgende Hochamt wurde von Fürstabt Gallus Alt zelebriert. Nach dem feier-lichen Segen war der grosse Moment herangerückt, wo der neuer Stadtheilige seinen neuen Standort in der Stadtkirche St. Nikolaus fand. Unter dem Geläute aller Glocken und dem Donner der Geschütze erscholl das “Te Deum laudamus”. Das Fest der Translation sollte auf Anordnung Abt Gallus jährlich am ersten Sonntag nach dem Fest des heiligen Evangelisten Markus abgehalten werden. 1777 wurde die heutige barocke Silberrüstung durch die Wiler Einwohnerschaft gestiftet.

Um es hier aber ganz klar festzuhalten: der in Wil zu St. Nikolaus gezeigte Pancratius ist nicht das Skelett des Wetterheiligen gleichen Namens. Dies u.a. darum, weil in Rom, in der Basilica San Pancratio, sich seine Gebeine heute noch befinden (sollen).

Wie dem auch sei, unser “Mitbürger” war früher stets in aller Munde, allein schon durch seine Wundertätigkeit. Er hat uns viel Gutes gebracht, “Gut Ding muss Wyl haben!” Dies soll auch heute noch so sein.

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